Stefano Franscini, 1796 - 1857


Stefano Franscini wuchs in ärmlichen Verhältnissen in der unteren Leventina auf. Er war für die Priesterlaufbahn vorgesehen und konnte dank eines Freiplatzes studieren. Doch verabschiedete sich Franscini aus dem Seminar und wandte sich in Mailand dem freien Studium zu: Ihn interessierten vor allem Geschichte, Staatsökonomie und Statistik.
Nach der Rückkehr ins Tessin verdiente er sich seinen Lebensunterhalt als Lehrer und Verfasser von Lehrmitteln. In Lugano gründete er zusammen mit seiner Ehefrau progressive Schulen, unter anderem auch für Mädchen. Auch im ausgesprochen armen, politisch zerrissenen und in der übrigen Schweiz kaum bekannten Kanton Tessin leistete Franscini wichtige Aufbauarbeit, zuletzt als Regierungsrat.
Im Bundesrat galt Franscini aus sprachlichen Gründen und wegen seiner Schwerhörigkeit als Aussenseiter. Es ist kein Zufall, dass ihm seine Kollegen das Departement des Innern zuschoben. Anders als heute hatte das Innere noch kaum Bedeutung, lagen doch faktisch alle innenpolitischen Kompetenzen bei den Kantonen. Doch sollte die Geschichte dem von den Zeitgenossen oftmals verspotteten Franscini Recht geben. Unter seiner Federführung wurde die ETH gegründet, doch er hoffte vergebens, den Bundesratssessel mit einem Lehrstuhl in Zürich tauschen zu können. Auf dem Gebiet der Bundesverwaltung und der Statistik leistete Franscini wichtige Pionierarbeit. Auch die schweizerische Geschichtswissenschaft verdankt ihm viel. Seine frühen statistischen Arbeiten, alles andere als nur «Zahlenfriedhöfe», sind heute eine wichtige landes- und kulturgeschichtliche Quelle. Unter Franscini wurde das Bundesarchiv aufgebaut. Ausserdem initiierte er die Herausgabe der «Eidgenössischen Abschiede», einem heute monumentalen Quellenwerk zur Schweizer Geschichte. 1854 schaffte Franscini die Wiederwahl erst im dritten Wahlgang. Um bei der Erneuerungswahl 1858 ein weiteres Debakel zu verhindern, kündigte er 1857 den Rücktritt an. Wenige Tage darauf starb er als noch amtierender Bundesrat.

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